Editorial: »Die Jäger in Berlin« 6/2022

 

Liebe Jägerinnen, liebe Jäger,

ein Blick zurück und das einige tausend Jahre kann auch zum Verständnis in der heutigen Zeit beitragen. Die Bedeutung der Jagd wie sie folgend von der Antike bis heute im Heft beschrieben wird, geht noch viel weiter zurück als nur belegt durch Aufzeichnungen in der Antike, wie z. B. ältere Felsenzeichnungen in Frankreich belegen. Die Menschheit hätte es sicherlich nicht bis ins Mittelalter und damit dann auch in die heutige Zeit geschafft, wenn die „Urmenschen“ keine Jagderfolge gehabt hätten, um sich zu ernähren, sich durch Fellbekleidung zu schützen, Knochen zu Arbeitsgeräten usw. zu verarbeiten und zu benutzen.

Denken wir Menschen in dieser heute so hochtechnisierten und digitalisierten Welt an diese ursächliche Bedeutung der Jagd und der dabei vielen Aktiven? Die Natur ist ein hochkompliziertes und sehr komplexes System, ein phantastisches Netzwerk. Die Menschheit als ein Teil des Ganzen hat sich in der Neuzeit beispielsweise von um 1800 mit geschätzter Weltbevölkerung von 1 Mrd. auf jetzt fast 8 Mrd. Menschen um den Faktor 8 erhöht, man schätzt das ungebremste Erreichen einer Weltbevölkerung von 10 Mrd. schon vor 2050, das ist noch einmal das Doppelte der Weltbevölkerung um 1800.

Auf Grund dieser Entwicklung der Weltbevölkerung greifen wir immer stärker in die Natur ein, um uns beispielsweise ernähren zu können, Unterkünfte und Arbeitsplätze sowie Infrastrukturen zu schaffen etc. Damit hat sich auch die Land- und Forstwirtschaft extrem verändert und dadurch in der Folge die Fauna und Flora. Trotz der Bevölkerungszunahme mit immer mehr Platzbedarf steigt auch z. B. in Deutschland die Anzahl vieler Tierarten, teils auch zu Lasten der heimischen geschützten Arten durch invasive „Eindringlinge“.

Oft wird den Menschen nun dargelegt, wenn wir die Natur sich selbst überlassen, dann reguliert sich alles wieder wie „früher“. Dem kann man aber nur unter der Bedingung, dass die Verhältnisse wie damals hergestellt werden, realistisch zustimmen. Also wenn die Menschheit minimalisiert z. B. auf unter 1 Mrd. mit entsprechender Reduzierung aller Aktivitäten wie Bauwerke, Landwirtschaft usw. existieren würde, hätte man einen Zustand wie vor ca. 220 Jahren mit weitaus geringerem Einfluss der Menschen auf die Natur. Außerdem wäre noch zu berücksichtigen, dass wir auch Klimaveränderungen zu betrachten hätten. Das ist natürlich alles eine Illusion, der man sich in Betrachtung des Handlungszwanges bezüglich der Natur jedoch unumstößlich stellen muss. Weder die Menschen sind wegzudiskutieren noch Veränderungen der Umweltbedingungen, die die Weltzeiten immer mehr oder weniger begleiteten.

Bei tieferer Betrachtung und Analyse der Zusammenhänge in der Natur sollte man erkennen, dass es bei Lösungen oder Veränderungen kein kompromissloses Entweder – Oder gibt und Stichworte wie Naturverjüngung ohne Einschränkung, Wild muss aus dem Wald zur „Rettung der Natur und des Klimas“, Bejagung von z. B. Füchsen oder Waschbären sei unnötig und sinnlos, Rotwild müsse ausgerottet werden wegen Walderhaltung oder Jagd am besten abschaffen usw. kein Auftakt für eine Lösungsdiskussion darstellen.

Auf einer derartigen polarisierten Basis finden sich keine lösungsorientierten Wege. Wünschenswert kann nur ein offener Dialog sein, auf Grundlage von wissenschaftlichen und ideologiefreien Erkenntnissen sowie ggf. den geografischen Besonderheiten angepassten Entwürfen zu erfolgreichen und für alle Beteiligten tragbaren Lösungen zu kommen. Dann werden alle Beteiligten am gleichen Strang ziehen und ein Erfolg ist möglich. Wenn dieser Weg auch bei der Erstellungen von Verordnungen und Gesetzen eingeschlagen wird, „retten“ wir leichter alles das, was uns am Herzen liegt.

Wir erleben aktuell in jeder Weise bewegte und teils natürlich Sorge bereitende Zeiten. Aber bewahren wir uns eine Portion Optimismus, die uns vor Stillstand und damit Rückschritt schützt. Denken wir mehr an Gemeinschaft und handeln wir mit Verständnis und auch Fürsorge, um dann gemeinsam unsere Ziele auch bei unserem Weidwerk und der Aufrechterhaltung einer „heilen“ Fauna und Flora zu erreichen.

Ich wünsche Ihnen, Ihren Familien und Freunden alles Gute, bleiben Sie gesund und zuversichtlich auch im Hinblick auf ein nahendes Jahr 2023.

 

Weidmannsheil
Ihr Detlef Zacharias
Präsident

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