Editorial: »Die Jäger in Berlin« 4/2025
Liebe Jägerinnen, liebe Jäger,
in Zeiten, in denen die Sparpläne des Senats den Natur- und Umweltschutz in Berlin schwer treffen und selbst die Stiftung Naturschutz Berlin (SNB) bei der wertvollen Arbeit ihrer Ranger kürzen muss, wäre eigentlich der Schulterschluss aller Akteure das Gebot der Stunde. Gemeinsam müsste man sich bei den politisch Verantwortlichen für eine solide Finanzierung des Naturschutzes einsetzen. Umso unverständlicher und befremdlicher ist die Vergabepraxis der SNB bei der Verwaltung der Jagdabgabe – also unseres Geldes. Seit Jahren treffen dortige Entscheidungen auf immer weniger Akzeptanz bei uns Beitragszahlern. Der im März vorgelegte Bericht der SNB für 2024 zementiert diese Schieflage auf schockierende Weise: Nachdem bereits 2023 rund 150.000 € bewilligt wurden, flossen 2024 weitere 191.766 € an die Deutsche Umwelthilfe (DUH) für die Projekte „Wohnrauminitiative Fischotter“ und „Otterstadt Berlin“. In nur zwei Jahren wurden somit 341.766 € aus unseren Beiträgen einer aktivistischen Organisation zugesagt, die ein praxisnahes jagdliches Wildtiermanagement regelmäßig ablehnt und an anderem Ort sogar aktiv bekämpft.
Zugleich übersteigen diese Zuwendungen nicht nur die jährlichen Einnahmen der Jagdabgabe von zuletzt ca. 140.000 € bei Weitem und binden die Mittel auf Jahre hinaus. Sie stehen auch in einem grotesken Missverhältnis zu den Mitteln, die der Jägerschaft selbst zugutekommen: In derselben Zeit erhielten der Landesjagdverband und einzelne Jäger für genuin jagdliche Zwecke – von der Ausstattung für die Nachsuche bis zur Öffentlichkeitsarbeit – lediglich 72.543 € - also gerade einmal noch 28% aus den eigentlich gruppennützig einzusetzenden Mitteln.
Natürlich ist der Fischotter eine schützenswerte Art. Doch er wird in Berlin weder bejagt, noch lässt er sich im urbanen Raum „hegen“. Wenn dennoch der Löwenanteil der Jagdabgabemittel für Projekte gebunden wird, deren Bezug zur Jagd bestenfalls konstruiert wirkt, fehlt dieses Geld dort, wo es für den Artenschutz, die Jagd und das Gemeinwohl dringender gebraucht würde. Ein Beispiel ist der Waschbär: Diese invasive Art breitet sich in Berlin ungebremst aus, vernichtet die Gelege von Bodenbrütern und gefährdet heimische Arten – insbesondere streng geschützte Amphibien. Wir fordern seit Langem praxisnahe Programme zur effektiven Bejagung, zur Unterstützung der Stadtjäger bei der Fallenjagd und zum Ausbau unseres Hauses der Jagd zu einem offenen Lernort für Jagd und Natur. Aus Sicht des LJV verbietet es sich daher, die Jagdabgabe für Projekte zu binden, deren unmittelbarer Nutzen für das Berliner Jagdwesen nicht schlüssig ist, während reale Probleme ungelöst bleiben.
Der Konflikt verschärft sich, weil unsere fundierte Kritik bei der SNB auf taube Ohren stößt. Der LJV wurde bereits vor Jahren aus dem Stiftungsrat ausgeladen; eine Mitsprache bei der Verwendung unserer eigenen Gelder existiert faktisch nicht. Rechtlich mag sich die Stiftung dabei im Rahmen einer weiten Auslegung des § 21 Landesjagdgesetz bewegen. Doch Legitimität erwächst nicht allein aus Legalität, sondern aus der Akzeptanz der Beitragszahler. Je stärker sich der Eindruck verfestigt, dass mit unserer Abgabe systematisch Projekte an den gruppennützigen Interessen der Jägerschaft vorbei finanziert werden, desto mehr wächst die Bereitschaft, die Jagdabgabe insgesamt infrage zu stellen. Eine Debatte über die Verfassungsmäßigkeit ihrer Erhebung als nicht mehr gruppennützige Sonderabgabe sollte aber weder im Interesse der Stiftung noch des Landes Berlin liegen. Denn stabile Strukturen für das jagdliche Wildtiermanagement benötigen auch künftig den Rückhalt der Jägerschaft.
Wir appellieren deshalb noch einmal an die SNB, bei der Verwendung der Mittel zur Kernbestimmung des Gesetzes zurückzukehren: Die Abgabe wurde geschaffen, um das Jagdwesen zu fördern. Praxisrelevante Maßnahmen müssen daher Vorrang haben. Wenn die SNB der Jagd fernliegende Projekte fördern will, kann sie dies gerne tun – allerdings nicht aus den von uns Jägern aufgebrachten Mitteln, sondern aus den allgemeinen „Töpfen“ des Naturschutzes.
Verlorenes Vertrauen kann noch durch einen klaren Kurswechsel zurückgewonnen werden. Das bedeutet unter anderem:
- Einen transparenten, gemeinsam mit dem LJV erarbeiteten Kriterienkatalog für die Mittelvergabe.
- Die Offenlegung von Förderanträgen vor der Entscheidung.
- Die echte, formale Beteiligung der organisierten Jägerschaft an den Vergabeentscheidungen, wie sie in anderen Bundesländern selbstverständlich ist.
Für einen konstruktiven Dialog über die Umsetzung dieser Punkte steht der LJV bereit – verbunden mit der klaren Erwartung, dass unsere Anliegen als Vertreter der Beitragszahler und anerkannter Naturschutzverband ernst genommen werden. Nur dann wird die Jagdabgabe ein von uns allen akzeptierter Baustein für den Wild- und Naturschutz in unserer Hauptstadt bleiben können.
Weidmannsheil
Rechtsanwalt Jan Mönikes
Vizepräsident und Justitiar des LJV Berlin