Editorial: »Die Jäger in Berlin« 5/2023
Liebe Jägerinnen, liebe Jäger,
kürzlich hatte der Berliner Bär, unser Wappentier, unvermittelt Konkurrenz bekommen. An der Berliner Stadtgrenze wurde auf einer Wildkamera eine Löwin identifiziert. Das löste sofort große Aktivi- täten zur Suche dieses als gefährlich einge- stuften Raubtieres aus. Polizeigruppen aus Berlin und Brandenburg wurden aktiv, das Gebiet zu durchkämmen, um Zeichen in Form von Wildrissen und passenden Über- resten zu finden.
Obwohl ein großes Raubtier in gewissen Abständen viel Nahrung benötigt, also viel erjagen müsste, fand sich nichts. Die Suche gestaltete sich nicht ganz einfach, denn es tauchten von vielen eifrigen Bürgern der Stadt Sichtungsmeldungen mit Löwen-Fo- tos in unterschiedlichen Gebieten auf. Hier erkannte man aber bei genauerer Betrachtung keine Löwen, sondern eher Hunde, Füchse etc.
Unser Berliner Bär konnte sich beruhigt zurücklehnen mangels der zunächst vermuteten Konkurrenz, denn auch das einzige gefundene Haar erwies sich nach Abschluss tagelanger Untersuchung nicht als Löwenhaar und die erst später eingesetzten Suchhunde konnten keine Fährten aufnehmen.
So beruhigte sich eine zunächst sehr schnell eskalierende Erregung nach eini- gen Tagen immenser Betriebsamkeit sang und klanglos, das Tier auf dem zugrunde liegenden Foto wurde als Wildschwein eingestuft, obwohl einige Fachleute (?) es immer noch nicht wahrhaben wollten und sie bereits den Einzug einer neuen Tierart für unsere Breiten prophezeiten. Für eine Debatte, ob dann Löwen, Raubtiere der Familie der Großkatzen, hier als invasiv – wie „unsere“ Waschbären – oder nicht-invasiv einzustufen wären, reichte die Zeit nicht mehr. Das ist auch gut so.
Mit Hinweis zu einem anderen aktuellen Thema sollte der Begriff „Fachleute“ wohl
besser analysiert werden. Wenn man sich näher mit den aktuellen sog. Entwürfen der Landesjagdgesetze in Rheinland-Pfalz und vorher Brandenburg befasst, fragt man sich, welche Motive eher vor Expertenwissen von Fachleuten hier vorherrschen.
Wie kann man einerseits hier in Berlin die Eindämmung und Bejagung der invasiven Waschbären behindern mit dem Argu- ment des Muttertierschutzes und verbündete Wortführer fordern andererseits in der Jagdrechtsnovelle die Bejagung auch von Muttertieren bei Reh-, Rot- und Dam- sowie Schwarzwild frei von Schonzeiten, um angeblich so den Wald und das Klima zu erhalten?
Wie kann es auch sein, dass Reviergrößen soweit verkleinert werden sollen, dass ein realistisches Wildtiermanagement un- ter Beachtung der Naturschutz- und Tier- schutzaspekte unmöglich ist?
Wie kann es sein, dass der Jagdpächter dem Grundeigentümer parallel gestatten muss, in „seinem“ Jagdrevier nach eige- nem Gutdünken unabgesprochen jagen zu können?
Wie kann es sein, dass forstwirtschaftliche Eigeninteressen über allem stehen und behauptet wird, allein die Wilddichte sei der Grund für die aktuellen Waldschäden, mit extremer Verminderung bzw. im Klartext Ausrottung des Wildes im Forstbereich werden unsere Wälder gerettet?
Diese Beispiele zeigen noch nicht die ganze Dimension, die in den Versuchen einer neuen „modernen“ Jagdgesetzge- bung stecken. Mit vielen verschönenden Umschreibungen wird das bestehende quasi 1848 erkämpfte, seither bewährte Jagdrecht und damit verbundene Eigentumsrecht aus den Angeln gehoben und versucht, unser Reviersystem in schnellen Schritten zu zertrümmern.
Beachtenswert ist aber die Entwicklung bei der Lösung der Wolfsproblematik. Hier scheinen sich die sachlichen Argumente nun durchzusetzen und ein seit langem empfohlenes Wolfsmanagement, das auch eine vernünftige und angemessene Bestandsregulierung beinhaltet, erreicht wohl die Zielgerade.
Allerdings ist es erschreckend zu hören, dass Gegner dieser positiven Entwicklung die Befürworter in eine politisch rechte Ecke platzieren wollen. Dies war auch ähnlich in Mecklenburg-Vorpommern zu vernehmen. Derartiges Verhalten, geboren wohl aus totaler Argumentationslosigkeit, ist ein absolutes No-Go, und in keinster Weise tolerierbar, nicht hinnehmbar und schärfstens zu verurteilen.
Seien wir also wachsam und zeigen wir uns als eine geschlossene Einheit. Das war noch nie so nötig wie heute, sonst verlieren wir alle. Stehen wir zusammen und bringen uns nicht wegen unwichtiger Kleinigkeit auseinander. Zusammenhalt setzt Zeichen und Erfolge.
Ihnen und Ihren Familien alles Gute und bleiben Sie gesund.
Weidmannsheil
Ihr Detlef Zacharias
Präsident